Band Recording: Warum deine Produktion auf Schülerband-Niveau hängen bleibt!

Als ich vor über 15 Jahren angefangen habe meine eigene Band im Proberaum aufzunehmen, stand ich vor einem Berg an technischen und musikalischen Fragen, welche sich beim Band-Recording stellen. Wie produziere ich brauchbare Demo Aufnahmen, welche man eventuell auch an Fans oder potentielle Veranstalter raus geben kann, ohne sich für sein Zeug in Grund und Boden zu schämen?

Was alles schief gehen kann, weiß man bekanntlich ja immer erst nach der Recording-Session, wenn alles im Kasten ist. 

In diesem Beitrag möchte ich meine Erfahrungen teilen, welche Probleme und Hindernisse auf dich zukommen werden, bzw. was ich in den letzten Jahren als Engineer alles gesehen oder auch von meinen Mix-Coaching Teilnehmern gehört habe. Viel Lustiges aber auch ein paar irreparable Fehler, die komplette Produktion zerschossen haben. 

Wir klären endlich mal die Frage:

Was muss eigentlich wirklich vor dem Mikrofon passieren?

Ganz unabhängig ob im Homerecording oder im professionellen Tonstudio: 


Shit in - Shit out, wie man so schön sagt. 

Oder der Klassiker: Mischpult ist keine Kläranlage. 

Wird nie alt, und ist wie eine Seuche. Irgendwer schafft es damit immer seinen Senf abzuladen und dir tierisch auf den Sack zu gehen. Herrlich.


Ganz am Anfang steht natürlich ein guter Song. Darüber müssen wir nicht reden.

Man kann beim Band aufnehmen ganz gut in zwei Kategorien unterscheiden: 

Performance der Musikers

Technische Umsetzung

5 Gründe, warum das Recording-Wochenende oftmals eskaliert

Konzentrieren wir uns in diesem Beitrag vorerst auf die Künstler-Ebene, also die Performance des einzelnen Musikers. Was wird abgeliefert? Das wird dir bei Aufnahmen in Eigenregie sowie bei ganzen Produktionen in einem professionellen Tonstudio helfen.

Wenn du Musiker und gleichzeitig auch Technik-Beauftragter bist, hast du die besondere Pflicht, für einen reibungslosen Ablauf der Produktion zu sorgen. Als Musiker bekommst du von mir in diesem Beitrag schon einmal vorab den Kopf gewaschen, bevor es deine Bandkollegen tun. Der Beitrag darf auch gerne direkt weitergeleitet werden.

Wir starten mit ein paar grundlegenden Fehlern, die sich erheblich auf die Qualität einer Bandproduktion auswirken. Es sind absolute Stimmungskiller:


  1. Nicht vorbereitet

    Es gibt nichts schlimmeres als unvorbereitet in eine Recordingsession zu gehen. Das kostet jeden Mitwirkenden kostbare Zeit, extrem viel Energie & Nerven. Und du willst ganz sicher nicht der Typ sein, warum alle anderen angepisst sind, nur weil du dein Zeug nicht kannst. Je besser du vorbereitet bist, umso besser wird auch das Ergebnis.
  1. Nicht klickfest

    Falls jemand merkt, dass es Probleme beim spielen zum Klick gibt, dann sollte man das frühzeitig ansprechen und eine Lösung finden. Das ist immer sehr individuell. Der eine kann nur mit Begleitung spielen, manche brauchen Augenkontakt zum Drummer oder einfach jemanden der neben dran sitzt und mitwippt. Findet es heraus und sorgt dementsprechend für eine Lösung. Keine Alternative ist es meiner Meinung nach heutzutage aus Bequemlichkeit ohne Klick einzuspielen.
  1. Nicht die gleichen Ambitionen

    Jeder Mensch ist einzigartig und so ist es oftmals auch um die Ambitionen bestellt, welche Qualität und wofür eine Bandproduktion sein soll. Ist es nur für den Eigengebrauch, um sich im Auto sein eigenes Material mal reinzuziehen (Mehr so als Demo) oder soll das Zeug auch raus geschickt werden, um irgendwelche Gigs an Land zu ziehen? Oder plant ihr vielleicht die Sachen klassisch zu veröffentlichen? Da solltet ihr euch als Combo vorher schon klar drüber sein und dementsprechend eure Ziele abstecken, wo die Reise hingehen soll.
  1. Nicht nüchtern

    Du lachst! Aber das kann ganz schön nach hinten losgehen. Klar soll der Spaß nicht zu kurz kommen und wer will kann sich auch seine 1-2 beruhigungs Bierchen rein fahren. Macht aber erfahrungsgemäß erst Sinn, wenn man sein Zeug im Kasten hat. Spätestens am nächsten Tag wenn bis in die frühen Morgenstunden wieder der Nightliner gequalmt hat, gibts mit dickem Kopf das große erwachen. Da funktioniert nämlich erfahrungsgemäß nichts mehr so, wie du es fleißig geübt hast. Das muss am Catering erstmal wieder aufgearbeitet werden. haha!
  1. Nicht fertig geworden

    Angenommen ihr wollt in eurem Proberaum produzieren und habt dort ein festes Setup. Wenn Zeit bei euch ein Thema ist, und die reine Probeplanung schon eine Katastophe ist, kann ich euch nur empfehlen lieber an einem Wochenende weniger Songs fertigstellen, statt erst für 12 Songs die Drums einzuballern um dann zwei Wochen später mit Bass & Gitarrre weiter zu machen. Ich sehe es immer wieder, dass eine Produktion sich über Monate zieht, weil neben Job, Familie, Urlaubsplanung und Gigs keine Zeit mehr ist, endlich mal die Vocals Final einzusingen. Und wenn dann Zeit ist, hat der Sänger so gut wie immer die Nase zu oder sonst irgendwelche Wehwehchen. Tee hilft! 


Individuelle Instrumente bringen individuelle Herausforderungen 

Kommen wir zu den Instrumentenspezifischen Baustellen, die auch nach Jahren immer und immer wieder auftreten.

Band Recording Proberaum aufnahmen

Drums

Wenn ihr nicht gerade Live alle zusammen aufnehmen wollt, hat der Schlagzeuger mit den schwierigsten Job, da ihm als Vorlage oftmals nur der Klick dient. Umso wichtiger ist es, dass er den Songablauf zu 100% kennt. 

Alternativ, gibt es evtl. einen Demotrack der zum klick mitläuft, oder ein Bandmitglied erbarmt sich mitzuspielen. Vielleicht können ja Drums & Bass sogar gleichzeitig aufgenommen werden.

Spielerisch ist besonders Timing und Dynamik ein wichtiger Bestandteil für ein gelungenes Drumrecording. Wenn der Drummer nicht klickfest ist, könnte das eine mittelschwere Katastrophe werden. 

Hier zählt ganz besonders, weniger ist mehr. Irgendwelche Drumfills, Tomsgerödel die im späteren schneiden für schlechte Laune sorgen, sind besser zu vermeiden. Lieber in Time auf der 1 raus kommen, statt auf biegen und brechen irgendwas mit Bauernrunden und Doublebase zu zaubern. 

Bei der Dynamik fällt mir sehr oft auf, dass manche Schlagzeuger extrem inkonsistent spielen. Das heißt, es gibt massive Lautstärkenschwankungen in einzelnen Elementen. Zum Beispiel hat jede Kick starke Schwankungen im  Anschlag. Unterschiedliche Attack. 

Oder das Verhältnis zwischen Kessel und Becken stimmt nicht. Kick und Snare werden gestreichelt, währen Crashbecken verdroschen werden. 

Was zu einer hochwertigen Aufnahme beiträgt, ist ein konsistenter Schlagzeug Sound. Natürlich geht es auch um Feeling, aber das geht auch mit Konsistenz.


Gitarre & Bass

Euer Livesound hat was die Amp Einstellungen angeht nichts mit der Studioproduktion zu tun. Wer unbelehrbar auf seine „Live Settings“ besteht, wird seinen Job im Nachgang womöglich nochmal machen müssen. Auch wenn du noch so viele Jahre in deinen Bühnensound investiert hast, sollte man im Studio offen für einen homogenen Gesamtsound der Band sein. Egal ob analog oder digital. 

Der absoluter Horror sind unsauber gegriffene Bünde, bei denen irgendwelche Saiten ungewollt mitschwingen. Da lässt sich in der Nachbereitung gar nichts mehr machen. Da hilft nur, immer und immer wieder neu einspielen. Kostet Zeit und Nerven. Besser wenn der Kram vorher sitzt und man in Sachen Grifftechnik schon in Vorleistung gegangen ist. 

Bass

Blättchen oder Finger. Das sollte klar sein. 

Es geht darum einen sauberen Ton abzuliefern. Hektisches Blättchen geschrabbel, ohne sauberes Greifen wird letzten Endes auch gerne mal mit einem MIDI Bass bestraft. Noch schlimmer wird’s, wenn der Gitarrist anfängt rumzuposaunen, dass er ja Bass und Gitarre eingespielen musste. hah.

Also, sauberer Ton, kein durchgängiges 12er Bund gefitschel sondern du bist das solide Fundament der Produktion. Kick & Bass müssen Tight auf der 1 stehen.

Gitarre

Manchmal kommt es mir so vor, als hätten alle Gitarristen einen Dr. in Improvisation. Vielleicht wart ihr auch alle bei der gleichen Kindergärtnerin. Wer weiß. 

Fakt ist: Man solltet in der Lage sein, mindestens 2 mal exakt das gleiche Riff im Timing zu spielen. So, dass der Ablauf zu 100% klar ist. Alles andere vermatscht den Gitarrensound und ihr könnt euch die massive Gitarrenwand jetzt schon in die Haare schmieren. 

An dem Punkt der Produktion wird es Kritisch. Gitarristen können nämlich auch echte Faultiere sein. Hier kommt schnell der Spruch, we fix ist in the Mix. Du kannst die Gitarrenspur doch einfach Duplizieren.  Nein! Das ist handwerklich unter aller Kanone. 

Die Abläufe also klar sein. 


Keyboard

Es gibt so gut wie kaum Probleme mit Keyboardern. Ich schätze das liegt daran, dass die meisten eine klassische Piano Ausbildung genossen haben. Die atmen Quasi Musiktheorie und haben auch demnentsprechend die Disziplin für sowas.


Vocals

Willkommen in der Diva Abteilung. Kleiner Spaß. Ob Sänger oder Sängerin. Der Text sollte im besten Fall geschrieben sein und sich bereits in deinem Gedächtnis Manifestiert haben. 

Dinge ablesen und trotzdem frei und authentisch performen können nur sehr wenige.

Auch hier muss der Ablauf wie man was singt klar sein, wenn ihr keinen Produzenten auf der Couch sitzen habt. Das schont die Stimme, denn es wird für eine moderne Produktion kein Weg daran vorbei führen, Stimmen zu Doppeln. Wenn Harmonien geplant sind, ist es hilfreich, wenn auch das vor dem Band-Recording schon ein paar mal geprobt wurde. Der Part kann sonst sehr schnell Deprimierend werden, weil das auch nicht ganz einfach ist.

Noch kurz was zum Thema Mikrofontechnik. Definitiv ein Thema, mit dem sich jeder Vocalist der sauber Gesang aufnehmen möchte einmal beschäftigen sollte. Wenn du bisher nur Live mit einem Dynamischen Mikrofon wie z.B. dem Shure SM58 gearbeitet hast und in der Produktion mit einem Großmembran-Kondensatormikrofon konfrontiert wirst, musst du wissen, dass dieses Mikrofon wesentlich empfindlicher ist. 

Wenn du in deiner Performance starke Lautstärkenunterschiede hast, dann kann man das mit dem Abstand zum Mikrofon schon einigermaßen kompensieren. Welche Stimmung möchtest du erzielen und wie hilft dir das Mikrofon dabei z.B. Intim oder Aggressiv zu klingen.

Wer hier noch ungeübt ist, dem verzeiht ein dynamisches Mikron so einiges. Für die härtere Gangart wäre das auch mein Favorit.


Fazit: Band Aufnahmen leben von Vorbereitung

Euro Songs sollten fertig geschrieben sein. Macht euch ein paar schöne Tage, geht die Sache gut vorbereitet aber locker an. 

Macht es euch gemütlich und schaut dass ihr alle entspannt in die Session startet.

Letztendlich geht es darum grandiose Musik zu schaffen. Um Emotion, einen unvergesslichen Augenblick auf Band fest zu halten, der euch alle Überlebt. 

Nutzt diese Chance und gebt alle gemeinsam euer Bestes.

Das Ding ist, du weißt jetzt wie du dich künstlerich auf eine Band-Recording Session vorbereitest, technisch und handwerklich kannst du als Techniker den Karren aber noch komplett an die Wand fahren. Es werden noch einige Baustellen und Probleme auf dich zukommen, also gehe sicher, dass du auch hier bestens vorbereitet bist. 

Ein weiterführender Beitrag zum Thema Technik wird in naher Zukunft folgen. Also gehe sicher, dass du auf dem neuesten Stand bleibst. Trag dich gerne unten in den Newsletter ein und du bekommst eine Benachrichtigung.

Christian Benner

Über den Autor:

Christian ist Audioengineer und hat die Initiative Homerecording1x1 ins Leben gerufen, um Musikern und ambitionierten Homerecordern eine deutschsprachige Plattform zu geben, die ganz klare Anleitungen zum Thema Recording, Mixing & Mastering auf den Punkt bringt.

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